08.11.2007

Schnarch. Die Psychologie sexueller Leidenschaft

Schnarch. Die einen denken bei diesem Wort an schlaflose Nächte, die anderen denken bei diesem Wort jedoch an die „Psychologie sexueller Leidenschaft“, ein Buch vom amerikanischen Sexual- und Paartherapeut David Schnarch. Manche werden sich erinnern, dass ich in einem früheren Rundbrief dieses Buch bereits empfohlen habe.

Anfang dieser Woche war David Schnarch hier in Berlin und hat ein Seminar angeboten, das ich natürlich dann auch besucht habe. Es war sehr interessant, da mir viele Punkte klarer geworden sind, die ich beim Lesen noch nicht ganz verstanden hatte.

Ich finde seinen Ansatz so spannend, weil er sehr direkt ist mit seiner Art. Er konfrontiert Menschen mit sich selbst, respektvoll und auch manchmal mit einem Schmunzeln im Gesicht.

Seine Hauptthese ist folgende: Menschen neigen dazu, sich selbst in Beziehungen zurückzunehmen, aus Rücksicht oder aus Angst, das Gegenüber zu verletzen oder zu verlieren. Und somit verschmelzen sie wie zu siamesischen Zwillingen. Das heißt aber nicht, dass sie glücklich sind mit ihrem Zustand, Verschmelzung kann auch heftigen Streit bedeuten. Ziel ist es also, aus einem verschmolzenen Pärchen zwei einander zugewandte aber von einander emotional unabhängige Menschen zu werden. Wichtig dabei ist eine Selbstregulation von Gefühlen. Diese hilft einem dabei, nicht automatisch auf die Emotionen des Gegenübers einzusteigen, sondern bei sich und den eigenen Wünschen zu bleiben und eben nicht auf die Bestätigung des Gegenübers angewiesen zu sein. Er bringt die Menschen ins Nachdenken über sich selbst und die eigenen Wünsche und Begrenzungen.

In dieser Kürze ist es sicherlich nicht leicht zu verstehen, was seine Methode bzw. was den Menschen Schnarch wirklich ausmacht. Mich beeindruckt die klare Anforderung des Therapeuten an die Klienten, sich wirklich für eine Mitarbeit zu entscheiden und nicht einfach nur zu klagen. Die Klarheit, mit der Schnarch die Begrenzungen der Klienten sieht und anspricht, und sie somit mit sich selbst konfrontiert. Und sie ermutigt, zu sich und ihrer eigenen Kraft zu stehen und sich nicht kleiner zu machen als sie sind.
(Wenn Sie über diesen Ansatz diskutieren möchten, lade ich hierzu gerne ein, einfach einen Kommentar zu schreiben)

Was das noch mit Sex zu tun hat? Schnarch sagt, die Einstellung von Männern und Frauen zur Sexualität ist ähnlich wie ihre allgemeine Einstellung zum Leben. Wer sich nicht traut, sich kraftvoll im Leben zu zeigen, wird auch keine erfüllende Sexualität finden. In diesem Sinne: trauen Sie sich!

3 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Liebe Frau Maschinger,

natürlich ist es gut, den eigenen Gefühlen zu vertrauen und es ist reizvoll, sie in Beziehungen auch ein- und durchzubringen.

Nur bitte - haben Sie (ganz persönlich) dabei mal an die Gefühle anderer gedacht?

Wäre - wenn die Thesen richtig sind - da nicht die Hure der richtige Ansprechpartner für solche Menschen, die ihre persönlichen Wünsche in jedem Fall durchbringen wollen?

Mit besten Grüßen

Sehpferd

Silke Maschinger hat gesagt…

Nein, es geht ja nicht darum, die Wünsche einfach durchzusetzen. Was ich aber immer wieder erlebe, ist dass Menschen sich überhaupt erst mal gar nicht trauen, wirklich zu sagen, was sie sich wünschen.
Ein Beispiel (in Kurzform): ein Mann erzählt mir von seiner Beziehung. Sie hatten sich getrennt (Gründe weiss ich nicht). Sie pflegen danach noch freundschaftlichen Kontakt. Sie fragt, was er denn so macht, wie es ihm geht. Er sagt ganz offen (weil sie ja getrennt sind): dass er jetzt öfter in einen Swingerclub geht. Sie: Echt? Wieso haben wir das früher denn nie gemacht? Er: Ich dachte, du hast da keinen Spaß daran. Sie: oh doch, lass uns doch mal gemeinsam losziehen. Ergebnis: sie sind wieder ein Paar.
Mir geht es um Klarheit ohne Druck oder Vorwurf. Und ohne Durchsetzungszwang.

Liguria hat gesagt…

Es funktioniert! Seit ich mich vor einiger Zeit mit den Thesen von Schnarch in dem Buch "Die Psychologie sexueller Leidenschaft" auseinandergesetzt habe, verliere ich mich selbst nicht mehr aus dem Blick bei sexuellen Aktivitäten. Ich weiß was ich will und wo meine Grenzen sind und nur um zu "gefallen" gebe ich nicht vor, jemand anderes zu sein.

Das heißt natürlich nicht, dass ich mein Gegenüber permanent überfordere oder gar brüskiere. Nein, ich bin nur vielmehr "ich selbst" und das bekommt beiden Seiten gut. Und wenns nicht passt, so ist das eine gute Testmethode.

Es geht auch gar nicht drum die persönlichen Wünsche in jedem Fall durchzubringen, es geht vor allem darum diese zu thematisieren und für sich selbst anzunehmen.

Und was wäre dabei wenn jede Frau die Hure in sich ab und zu rauslassen würde, Herr Sehpferd?