In zehn Tagen ist Frühlingsanfang, die Sonne wird immer stärker, und bei vielen steht der Frühlingsputz ins Haus. Bei mir ist er diesmal sehr ausgeprägt ausgefallen: ich bin nämlich umgezogen. Ich habe also nicht nur geputzt, sondern auch die Chance genutzt, mal wieder ordentlich auszumisten. Alte Besitztümer und alte Geschichten wurden begutachtet und dann entschieden: Was brauche ich wirklich und was nicht. Loslassen heißt da die Devise. Dass das nicht immer so leicht ist, habe ich auch mal wieder in meiner Coachingpraxis erlebt.
Da war ein Ehepaar bei mir, mit denen ich schon einige Gespräche geführt hatte. Aufgrund einer konkreten Situation kamen sie wieder zu mir. Anstatt eines kuscheligen Nachmittags im Bett hatten sie begonnen, sich über vergangene Zeiten zu streiten. Ich war erst mal sehr überrascht, wieso die beiden sich über „alte Kamellen“ streiten, aber im Gespräch stellte sich heraus, dass in der Frau noch alte Geschichten vor sich hin brodelten. Die beiden hatten schwere Zeiten miteinander erlebt, die die Frau sehr an ihre Grenzen gebracht hatten. Ihr Mann betrachtet diese Zeit im Nachhinein zwar als schwer, aber es sei letztendlich doch gut ausgegangen. Seiner Meinung nach hat er sehr viel gelernt in dieser Zeit und sieht sie nicht als vergeblich an. Eigentlich teilt seine Frau diese Sicht, aber es verletzt sie, dass er ihr ihren Schmerz nicht zugesteht. Er versucht sie mit seiner Aussage „aber es ist doch besser geworden“ zu trösten.
Ich spüre, dass die Frau Anerkennung für das braucht, was passiert ist. Ich bitte den Mann, seiner Frau einfach nur zu sagen: „Ja, es war eine schwere Zeit.“ Ohne ein „aber“ anzufügen. Und außerdem bitte ich ihn ihr zu sagen, dass sie ihm damals sehr geholfen hat durch ihr Dasein. Diese Klarheit ohne Einschränkung eines Abers berührt die Frau, sie fühlt sich gesehen und in ihrem Schmerz gewürdigt. Beide spüren den Unterschied, die Entspannung, die entstanden ist: durch die Anerkennung dessen, was war, und die Würdigung der Unterstützung des Mannes durch die Frau.
Verwechseln Sie eine Anerkennung bitte nicht mit einem Lob oder einer Entschuldigung oder einem Vorwurf. Sprechen Sie einfach, möglichst in 1-2 Sätzen aus, was war. Ohne aber und ohne Erklärung. Es war.
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